„Kurosh, steh auf! Wie kannst du noch schlafen, du Idiot?!“ Dariush steht mit entgeistertem Gesichtsausdruck in der Tür von Kuroshs kleiner Schlafkammer. Hinter ihm schlagen Flammen hoch und verzehren immer mehr Deckenbalken ihres Gehöfts. „Äh… Was?“ Kurosh blinzelt und richtet sich kerzengerade auf, den verschlafenen Blick auf seinen älteren Bruder gerichtet. „Was… Scheiße, was passiert hier?!“ Dariush steht indes schon vor ihm und zerrt ihn aus dem Bett. „Hmpf… Ich hab‘ jetzt keine Zeit, dir alles zu erklären…“ Kurosh stammelt nur noch etwas Unverständliches während sein Bruder ihn durch das brennende Haus schleift.
„Dariush, schnapp dir deinen Bruder und versteckt euch im Wald hinter den Feldern! Die Milizen werden gleich zurückkommen, das war erst der Anfang. Macht, dass ihr hier wegkommt!“ Menishian knurrt eher als dass er redet und schaut seinen ältesten Sohn nicht einmal an während er spricht. Mit mahlendem Kiefer und zusammengekniffenen Augen starrt er mitten in der Nacht in Richtung der Straße, die nach Ben Erai führt. Seine rechte Hand umklammert seine Bartaxt so fest, dass die Knöchel weiß hervortreten. In seiner Linken hält er einen bronzenen Schild auf dem das Familienwappen der Menishiden prangt. Mit einem kurzen Blick über die Schulter vergewissert er sich, dass seine Söhne den Hof verlassen während er im Augenwinkel beobachtet wie die paar wenigen Sklaven, die seiner Familie auf dem Hof gedient haben, das Weite suchen. „Verfluchte Feiglinge… Die könnten sich wenigstens um meine Söhne kümmern…“ brummt er vor sich hin während er mit trotzig vorgestrecktem Kinn die Ankunft der königlichen Soldaten erwartet. „Hätte ich gewusst, dass diese Mistkerle ohnehin irgendwann kommen, hätte ich mich dem König von Anfang an widersetzt… Dieser Hof gehört uns seit Generationen und eher sterbe ich als ihn den gierigen Verwaltern des Königs freiwillig zu überlassen…“
Kurosh schaut mit weit aufgerissen Augen zu seinem älteren Bruder. „Wie… wie meinst du das… Wir müssen fliehen? Was is‘ mit Vater? W-Wo bleibt er?!“ Dariush seufzt und vergräbt sein Gesicht genervt in seiner Hand. „Du verstehst aber auch gar nichts… Die Soldaten sind hinter IHM her, nicht hinter uns… Er… Er KANN nicht mitkommen…“ Angestrengt lässt er seinen Blick über die Wüste schweifen, die eine Flucht aus dem Wald bei Lago fast unmöglich erscheinen lässt. Seine Stirn liegt in tiefen Falten. „Hör mal… Auf der letzten Handelsreise, auf die Vater mich geschickt hat, hab‘ ich einen Händler in Bakaresh kennengelernt. Er hat nichts übrig für die Königlichen…“ Seine Augen fixieren den verängstigten Kurosh. „Da müssen wir hin. Von da aus überlege ich mir einen neuen Plan… Wenn die Milizen uns die Finger kriegen, sind wir tot… Oder schlimmer... Wir landen in dieser Kolonie.“ Bei dem Gedanken verzieht Dariush das Gesicht und nickt anschließend. „Jetzt glotz nicht so blöd und komm. Wir haben nicht viel Zeit.“ Kurosh mustert unschlüssig die von tiefer Sorge gezeichneten Gesichtszüge seines Bruders, aber trottet ihm schließlich murrend hinterher. „Innos steh uns bei…“
"Bruder... bist du dir sicher, dass... dass das wirklich 'ne gute Idee is'?" Kurosh schaut sich nervös um während er Dariush folgt. Als Antwort ertönt ein leises "Hmpf... Mir gefällt die ganze Sache auch nicht, aber er ist der einzige Kerl, den ich kenne, der Kontakt zu den Aufständischen hat." Die beiden Brüder folgen einem in ein schwarzes Gewand gekleideten Mann durch die engen Straßen der äußeren Bezirke von Bakaresh. Je weiter sie ihm durch das verworrene Viertel folgen, desto kleiner und abgewrackter wirken die Hütten aus trockenem Sandstein. Die heiße Mittagssonne Varants brennt auf ihrer Haut, aber scheint ihnen wenig auszumachen. Das Gesicht des Mannes jedoch ist unter der schwarzen Kapuze kaum zu erkennen. Plötzlich bleibt er stehen und deutet auf eine niedrige, vergilbte Tür. Er wartet ab bis die Kurosh und Dariush die kleine Hütte betreten und schaut sich noch einmal bedächtig um bevor er ihnen folgt.
"Vielleicht... sollten wir umkehren, Bruder.", flüstert Kurosh leise als sein Blick über die schiefen Regale und Schränke wandert in denen Schädel von Tieren, Orks und Menschen liegen. Einige scheinen beschädigt worden zu sein während andere geradezu neu und frisch wirken. Er beschaut gerade eine kleine, verstaubte Figurine, die aussieht wie Innos mit großen, langen Hörnern mit einem skeptischen Blick als der Mann im dunklen Gewand seinen knochigen Finger herumfuchtelt und in mahnendem Ton die Stimme erhebt. "Du hast richtig gehandelt, dass du mich aufsuchst, Dariush. Aber ich warne dich. Wenn die Stadtwache von diesem Ort erfährt... werden meine Assassinen euch finden." Er leckt sich über die spröden Lippen und ignoriert Kurosh, der ihn misstrauisch beäugt. "Nirgendwo seid ihr vor ihren Klingen sicher, nicht einmal in Eiswüste!" Er setzt ein schmieriges Grinsen auf. "Also... Wenn du König Rhobar wirklich so hasst wie du sagst..." Sein Grinsen wird noch dreckiger. "... dann kann ich dir helfen, Kontakt mit den richtigen Leuten aufzunehmen. Aber vorher muss ich wissen, ob du es ernst meinst. Außerdem... brauch' ich deine Hilfe. Eine Hand wäscht die andere, das verstehst du sicher?" Er reibt seine ausgetrockneten Hände aneinander, die offensichtlich schon lange nicht mehr gewaschen wurden. Seine Augen leuchten auf als er weiterspricht. "Es gibt da nämlich einen Sklavenhändler... in Mora Sul. Er hat mir immer Sklaven geliefert für... meine Experimente! Aber seit einigen Monaten hab' ich nichts mehr von ihm gehört. Hrmnnn... finde heraus was da los ist, dann helfe ich dir bei deinem... Problem mit Rhobar."
"Scheiße, Dariush wir wollen diesem Wichser doch nich' wirklich helfen oder?". Kurosh kratzt sich unschlüssig an der Stirn während er mit Dariush an einem kleinen Brunnen irgendwo in Bakaresh sitzt, sich mit frischem Wasser abkühlt und den Wüstenstaub aus dem Gesicht wäscht. "Hmpf... die Königlichen haben unsere Heimat niedergebrannt... unsere Familie ermordet... Ich werde alles tun, was ich kann, um den fetten Bastard von König aus Varant zu vertreiben..." Er spuckt verächtlich auf den Boden. Kurosh schaut mit zweifelnder Miene in den wolkenlosen Himmel bevor er antwortet. "Na... gut... aber ich hoffe diese Widerständler sind wirklich so stark wie du gehört hast. Wenn wir uns ihnen anschließen, sollten wir dafür wenigstens 'n vernünftiges Leben führen können. Die Königlichen werden uns dann erst recht jagen..." Er fährt mit den Händen über sein Gesicht und seufzt besorgt.
„He, Bruder! Is‘ das da der Typ, den wir seit Tagen suchen?“ Kurosh zeigt auf einen goldbeschmückten Mann mit dickem Bauch, der breitbeinig inmitten der Menge in der Arena von Mora Sul steht. Die heiße Sonne Varants brennt auf der Haut der Zuschauer, die johlend das Spektakel in der Arena verfolgen. „Bring ihn um!“, „Mach ihn fertig!“ ist immer wieder aus der Masse zu hören. Dariushs Blick folgt Kuroshs Handbewegung und er bahnt sich anschließend einen Weg zu dem Mann dessen wohlgenährte Sklaven ihm Luft zufächeln. Ein eindeutiger Beweis für seinen Status. „Kommst du endlich?“ fragt der ältere Bruder als er bemerkt, dass Kurosh ihm nicht folgt. „Hmpf… der Idiot ließ sich schon immer zu schnell ablenken…“, murrt er vor sich her, als er sieht, dass sein Bruder nun auch gebannt den Kampf in der Arena verfolgt.
„Scheiße, die Kerle können vielleicht kämpfen…“ murmelt dieser kopfschüttelnd vor sich hin. „Richtige Krieger, was? Hab‘ gehört die Kerle haben sich den Königlichen widersetzt. Haben eine Karawane des Königs überfallen und wurden zu einem Leben als Arenakämpfer verurteilt… Haben auch nichts anderes verdient, wenn du mich fragst. Verfluchte Räuber!“ Ein großer, hagerer Mann in Lumpenkleidung hat sich Kurosh zugewandt und hört gar nicht mehr auf, zu reden. „Die Karawanen kamen in letzter Zeit eh schon nich‘ so häufig… Also wenn du mich fragst dann (…)“ Kurosh nickt immer wieder beiläufig, aber schweift gedanklich ab. „Bei Innos… Ich wünschte ich könnte in dieser Arena stehen… Alle jubeln mir zu und… ich wäre der bekannteste Mann der Stadt.“ Dann verzieht er unbewusst das Gesicht. „Aber als Sklave will ich nich‘ enden… Und wenn es stimmt was der Kerl erzählt, is‘ es vielleicht doch keine gute Idee, sich diesen… Rebellen anzuschließen.“ Er wendet sich ruckartig von dem Kampf ab, sein Blick sucht nach Dariush und schließlich beobachtet er unschlüssig wie sein Bruder hitzig mit dem Mann im Goldschmuck diskutiert. Er seufzt leise und bewegt sich auf die beiden zu. „He, hörst du mir überhaupt zu, du Penner?!“, hört er noch von hinten.
Weitere Teile der Hintergrundgeschichte folgen.