Es ist ein ruhiger Morgen, als Derick durch den Wald läuft um Feuerholz zu sammeln. Jedes Mal als er an einer Beere oder einem Apfel vorbeiläuft pflückt er diese und nascht sie direkt "Ich sollte heute nicht trödeln, ich will ja nicht zu spät kommen" murmelt er. Sonst nimmt er sich viel Zeit um die Pflanzen und Tiere aus der Gegend zu betrachten, doch nicht heute. Heute ist sein Geburtstag! Sein Bruder und seine Mutter bereiten schon den ganzen Tag alles dafür vor und er hat den leisen Verdacht, dass sie ein Geschenk für ihn haben. Viel Geld hat die Familie zwar nicht, da der Vater schon vor Jahren verstorben ist, aber sein Bruder hatte zu seinem 18ten damals auch schon ein Geschenk bekommen.
Also streift Derick schneller durch das Wäldchen. In der Ferne kann man noch die Palisaden von Ardea erahnen. Die Baumwipfel wiegen sich leicht im frischen, salzigen Wind, der von der See landeinwärts weht. Es wird wohl Regen geben. "Davon lasse ich mir den Tag trotzdem nicht verderben" lacht Derick. Dem aufgeweckten, jungen Mann kann eigentlich nichts die gute Laune verderben. Und so bahnt er sich weiter, grinsend wie ein Honigkuchenpferd, den Weg durch das Wäldchen. Nach einer Weile kommt er am Übergang zu einer großen Wiese an. In der Entfernung steigt über einer kleinen Bauernhütte etwas Rauch aus dem Schornstein auf und Derick träumt von verschiedensten Speisen: "Was es wohl heute geben wird? Ein Gulasch? Hackbällchen mit Kartoffelgemüse? Vielleicht darf ich ja heute das erste Mal Wein trinken. Mutter hat einen Wein gekauft, wenn ich mich nicht falsch erinnere" Allein bei den Gedanken, über alle möglichen und unmöglichen Gerichte, läuft ihm das Wasser im Mund zusammen und so macht er sich schnell auf, erst über die Wiese, dann über die Felder, nach Hause zu kommen. Als er um die Hütte herum tritt sieht er einen Karren mit dem Zeichen der Armee darauf. Er denkt sich: "Huch, ist das nicht etwas früh diesen Monat? Sonst sind sie doch nicht so früh da um ihre Rationen einzutreiben". Als er durch die Tür tritt sieht er die Soldaten. Sie sitzen am Tisch, vor einem leer gegessenen Topf und einer leeren Flasche Wein. " … und deswegen sind wir dieses Mal früher dran", beendet der Hauptmann seinen Satz "Also Junge: Aufladen und dann kommst du mit". Derick braucht einen Moment um die Szene zu verarbeiten. Seine Mutter sitzt schluchzend in der Ecke des Raumes und sein Bruder hat ein versteinertes, ernstes Gesicht, wie er es noch nie gesehen hat. "W-Was passiert hier?" fragt er etwas ungläubig. "Alles ist gut, Derick! Ich gehe mit den Soldaten. Du bist ja zu jung für die Armee", spricht sein Bruder im ruhigen, ernsten Ton und zwinkert ihm unbemerkt von den Soldaten zu. "Nein!", ruft Derick "Nein. Du darfst dich nicht töten lassen für den sinnlosen Krieg des Königs. Nein! Geh nicht. Nicht an die Front zu den widerlichen Orks", führt er fort mit Tränen in den Augen. Einer der Soldaten versucht Derick mit dem Schaft seiner Hellebarde zur Seite zu schieben: “Geh beiseite Junge. Sonst nehmen wir dich doch mit”. Derick versucht den Soldaten wegzuschieben und schreibt dabei ein lautes, verzweifeltes “NEIN! Nicht meinen Bruder!”. Die anderen Soldaten laufen auf die beiden Rangelnden zu “He! Hör sofort auf. Ein Angriff auf Soldaten ist wie ein direkter Angriff auf den König”, ruft der Hauptmann. Dann passiert es. Derick und der Soldat gehen zu Boden, er schlägt sich den Kopf an und wird bewusstlos.
“W-Wo….. Wo bin ich?”, murmelt Derick. Er riecht Salz und modrigem Holz. “Ist das Meeresrauschen?”, fragt er sich noch. Der junge Mann setzt sich auf und bemerkt er ist in einer Zelle, aber der Boden schwankt. Er muss auf einem Schiff sein! Nach dieser Erkenntnis schreit er laut: “Hilfe! Hilfe! Wo bin ich hier? Hilfe”.
Ein kurzes, bellendes: “Schnauze” unterbricht ihn und aus einer dunklen Ecke steht ein Soldat auf. “Dreckiger Soldatenmörder”, schimpft er und wirft ihm dann einen trockenen Kanten Brot zu. “Hier. Das muss ich dir geben. Teil es dir gut ein für die nächsten Tage!” lacht er dreckig und verschwindet nach oben. Die nächsten Tage fühlen sich an wie ein Fiebertraum. Derick kann selbst das trockene Brot und das abgestandene Wasser, welches er einmal am Tag in einem Krug bekommt, kaum in sich halten. Nach den Tagen der Tortur auf See, in denen niemand auch nur ein Wort mit ihm gewechselt hat, hört er draußen Möwen. “Möwen! Das heißt Land. Endlich ist dieser Höllenritt vorbei”, denkt er sich. Ein Soldat kommt zu ihm, in den Bauch des Schiffs. “Aufstehen. Mitkommen”, weist er den
jungen Mann kurz an. “Warte mal. Bitte, sag mir was hier passiert. Ich bitte dich. Warum bin ich hier?”, fragt Derick flehend. Der Soldat mustert ihn, hält kurz inne und sagt dann knapp: “Du weißt wirklich nicht was geschehen ist, oder? Der Soldat mit dem du dich angelegt hast, ist mit dem Kopf auf die Kante der Kommode aufgeschlagen und jetzt tot. Und du kommst jetzt als Mörder in die Kolonie.”
Derick erinnert sich plötzlich wieder. Der Soldat der ihn weggeschoben hat “Nein”, denkt er sich, “Ich bin kein Mörder. Das war doch keine Absicht.” Er ist niedergeschlagen. Er lässt sich vom Schiff in den Hafen dieser fremden Stadt führen. Derick lässt alles ohne einen Mucks oder sonstige Anstalten über sich ergehen. Er betet kurz in Gedanken: “Innos, ich bitte dich um Verzeihung, das war nicht meine Absicht. Bitte. Rette mich!” Doch eigentlich hat er keine Hoffnung mehr. Der Gedanke, dass er einen Menschen getötet hat, ist für ihn wie ein Stich ins Herz. Er hat noch nie in seinem Leben jemanden Gewalt angetan. Die ganze Situation scheint unbegreiflich für den jungen Mann.
Nun geht es langsam auf einem Karren mit Fässern, Kisten und Säcken los. Sie fahren durch die Stadt und weiter durch einige Wälder. In der Ferne kann man ein riesiges Gebirge ausmachen. Die ganze Situation, der Schlafmangel, die mangelhafte Ernährung, das Alles war wohl zu viel für ihn. Er wird bewusstlos.
Nach einiger Zeit wird er wieder durch ein unsanftes Rütteln geweckt: “He! Wach auf, Bursche! Jetzt kannst du Genugtuung in den Minen leisten! Hehehe!”, lacht einer der Soldaten dreckig. Er wird bis an den Rand der magischen Barriere geführt. So nah, dass man die Magie in der Luft förmlich spüren kann. Seine Nackenhaare stellen sich auf. Ihm werden die Ketten abgenommen und ein förmlich gekleideter Mann baut sich vor ihm auf. Derick erkennt ihn durch seine Robe als Richter. Dieser Richter setzt nun an: “Im Namen König Rhobars II …” Derick bekommt gar nicht mit was geschieht, er versucht immer noch die Geschehnisse der letzten Tage zu verarbeiten. Was würde sein Vater nun sagen, wenn er ihn so sehen würde? Was geschieht mit seinem Bruder? Kann seine Mutter ganz alleine überleben? Tränen laufen über sein Gesicht als er wieder hoch schaut und der Richter seinen Text beendet “... verurteile ich dich, Derick aus Ardea, zu einer lebenslangen Arbeit in den Minen von Khorinis” Wie auf ein Stichwort gehen die Soldaten gemeinsam auf ihn zu und stoßen ihn über die Klippe in die Tiefe. Er fällt. Nach einer gefühlten Ewigkeit schlägt er in den See ein. Nur mit Mühe kann er seine Panik unterdrücken. Derick schwimmt an die Oberfläche und weiter an das Ufer. Dort bleibt er für einige Zeit hustend liegen. In der Ferne schreit ein Tier, das er nicht zuordnen kann. Es ist mitten in der Nacht, er ist durchnässt, ihm ist kalt, er hat Angst.