Gryphius' Festnahme
Es ist Sommer und ein Gewitter zieht in der Nacht über die Ostküste Myrtanas, als Schreie durch die Wälder um Vengard hallen. "Bleib stehen, du Mörder! Dich kriegen wir!" Das Gebrüll geht unter grölendem Donner unter. Gryphius sprintet, so schnell ihn seine Beine tragen können durch die Finsternis. Der nächtliche Dauerregen strömt auf ihn herab und wäscht das Blut aus seinem seidenen Hemd. Mit weit aufgerissenen Augen schaut sich der Flüchtende um, doch erkennen kann er nicht viel. Er stolpert über eine Wurzel, fällt und landet mit dem Gesicht auf dem nassen Waldboden. Als er wieder aufsteht, erschaudert er. Die Stadtwachen haben ihn umzingelt. Ihre Hände ruhen auf ihren Schwertknäufen, während sie sich dem Mörder langsam näherten. "Wen haben wir denn da... Freiherr Gryphius von Laran..." Spricht der Mann in Plattenrüstung spöttisch. "Wer hätte gedacht, dass du einmal so tief sinken würdest..." Gryphius hebt kapitulierend die Hände. "Was ist es, das ihr wollt? Gold, Ländereien, Titel, Schmuck für eure Frauen? Ich k- kann euch mehr geben, als ihr bei der Stadtwache in einem Jahr verdient! Nur lasst mich gehen!" - "Das einzige, was wir wollen, ist deine versnobte Arschnase im Knast zu sehen!" Triumphierend lachend ziehen sie Gryphius mit sich. Sie zerren ihn zurück in die Stadt und schmeißen ihn in eine Kerkerzelle: "Ich kann es kaum erwarten dich in die Minenkolonie zum Knechten zu schicken." Belustigt schnaubend schlägt die Stadtwache die Zellentür mit lautem Knall zu. Gryphius zuckt zusammen und setzt sich niedergeschlagen auf die Bank in der Zelle. Er wartet ab. Sekunden werden zu Stunden. Stunden werden zu Monaten. Eines Tages schwingt die Kerkertür metallisch quietschend auf. Ein königlicher Gardist mit dunkel braunem Haar tritt in die Zelle und packt den Gefangenen ohne ein Wort zu sagen am Kragen, um ihn von der Bank hochzuziehen. Gryphius Herz pocht und er setzt ein falsches Lächeln auf. Mit gedämpfter Stimme spricht er zum Gardisten: "Nenn mir deinen Preis... Ich bin sicher, wir kommen auf einen gemeinsa-..." Der königliche Gardist rammt ihm stumm eine Faust samt Panzerhandschuh in den Bauch. Gryphius kracht zusammen und stöhnt schmerzerfüllt, ehe er wieder einmal mitgezerrt wird. Er wird raus aus dem Kerker zum Hafen auf ein Schiff geführt und dort mit den anderen Gefangenen unter Deck angekettet. Einige Stunden später hisst das Schiff die Segel und steuert in Richtung Khorinis...
Im 34. Jahr der Barriere wird er schließlich in die Sträflingskolonie geworfen.
Gryphius' Biographie
Gryphius von Laran wuchs in einer wohlhabenden und angesehenen Familie im Königreich Myrtana auf. Sein Vater, ein hochrangiger Amtsträger der Kirche Innos' und Feuermagier am königlichen Hof, prägte Gryphius nachhaltig. Die Kindheit, die er mit seinen Brüdern und seinen Eltern in einem prachtvollen Anwesen in Vengard verbrachte, war wunsch- und sorglos. Sein Leben nahm eine Wendung, als seine Mutter und er, während einer Kutschenfahrt zu Verwandten nach Faring, von Orks überfallen wurden. Seine Mutter wurde brutal vor seinen Augen abgeschlachtet. Gryphius konnte nur überleben, indem er sich zwischen den Leichnamen der niedergemetzelten Leibwachen versteckte. Er war damals 10 Jahre alt.
Von tiefer Trauer und dem Gefühl von Hilflosigkeit erfasst, fand Gryphius Zuflucht in der umfangreichen Bibliothek seines Vaters. Hier versank er in Büchern. Er las alles, was er in die Finger bekommen konnte und begann selbst zu schreiben.
Ein Jahr nach dem Tod seiner Mutter heiratete sein Vater erneut und die neue Stiefmutter wurde für Gryphius zu einer liebevollen Ersatzmutter. Auch dieses Glück währte nicht ewig: Nach der Geburt ihres vierten Kindes verstarb sie, als Gryphius 16 Jahre alt war. Kurz darauf erlag sein Vater einer unheilbaren Krankheit, die ihn langsam in den Wahnsinn trieb. Er war überzeugt, dass er von einem Fluch der Diener Beliars heimgesucht wurde und starb schließlich einen qualvollen Tod. Das große Erbe wurde unter ihm und seinen Brüdern aufgeteilt, doch er, als Erstgeborener, kriegte den größten Anteil.
Von Verlusten gezeichnet und einsam, entwickelte Gryphius starke Depressionen und Essstörungen. Ablenkung fand er in der Jagd auf Wildschweine und Hirsche, in dem Genuss von allen möglichen Konsumgütern, sowie im Schreiben von Gedichten. Außerdem gab er sich leidenschaftlich gerne der Wollust hin.