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Freitag, 4. Mai 2018, 08:19

Der Wahnsinn trägt Glatze

Aus dem Leben eines Gurus sollen hier unregelmäßig alltägliche Belanglosigkeiten geschildert werden. Ob es jemanden interessiert oder nicht? Was ändert das schon?


Grün schwimmt oben
Mit einem Schwall ergoss sich das Wasser in die Wanne. Es roch schon vorher dort streng, verfault, verwest, und doch würde auch dieses Wasser nichts daran ändern. Der Guru starrte in die steinerne Wanne. Durch den Schwall wurde Dreck aufgewirbelt, der sich nun langsam abzusetzen begann, genauso wie die kleinen Wasserpflänzchen und Algen, die unfreiwillig ihrer angestammten Heimat entrissen worden waren. Der Guru starrte immer noch. Das Wasser beruhigte sich. Der Guru starrte. Die Wasserpflänzchen wurden langsamer. Er starrte.
Als nun keine Bewegung mehr im Wasser zu erkennen war und sich die Wasserpflänzchen und Algen, der Dreck, der Sand und alles was in diesem modrigen Wasser war, in einer Weise angeordnet hatten, wie es normal zu sein pflegt, da starrte der Guru nicht mehr. Nein. Er riss seine Augen noch weiter auf, öffnete dazu den Mund und stieß einen lauten Freudenschrei in den Himmel aus: „Gelobt sei der Schläfer! Der Schläfer erwache!“
Heiteren Gemüts verließ nun der Mann mit Glatze diesen Ort, wo über den Tag hin das Wasser im ständigen Kampf mit der Sonne sein würde und bis zum morgigen Tage diesen Kampf weitgehend verlieren würde, nur damit am nächsten Morgen aufs Neue Wasser in das Becken gegossen werden würde. Der Mann hingegen zog weiter und wies einen jeden, den er traf, darauf hin, dass er ein klares göttliches Zeichen erhalten habe, das nur einen Schluss zulassen würde und dieser müsse unverzüglich zum Wohle Aller umgesetzt werden. Und wenn jemand den Fehler machte, nachzufragen, dann konnte er erfahren, dass ein Stein die Antwort auf alles sei und dass der Schläfer dringend einen Stein brauche. Was für einen Stein? Das sei nicht von Belang, denn es gehe ja um den Stein, nicht um die Qualität des Steines. Wo er zu suchen sei? Ihn könne man nicht suchen, denn wer suche, der suche bloß um zu suchen, niemals aber um zu finden. Wenn man ihn aber fände, dann allein aus göttlicher Gnade.
O Tite tute Tati tibi tanta tyranne tulisti.

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Donnerstag, 10. Mai 2018, 10:29

Es regnet Fässer
Ein Fass rollte eine kleine Anhöhe herab und erschlug den Guru. Er wurde zwar nicht verletzt oder zumindest nicht sehr, jedenfalls stand er nicht mehr auf. Nachfragen bezüglich seines Wohlergehens oder ob er nicht aufstehen wolle, beantwortete der Glatzköpfige mit Unverständnis. Wo war der Sinn in diesen Fragen? Offensichtlich gab es keinen. In großer Fürsorge, die Uneingeweihten übertrieben und sonderbar erschienen sein muss, wurde der Guru von einem Templer und einem Novizen in das Lazarett getragen. Und dort betrieb man einen größeren Aufwand um den besten Arzt des Lagers aufzutreiben, der, obwohl er selbst viel stärker verletzt zu sein schien, sein bestes gab den Mann zu verarzten. Jedenfalls das, was es überhaupt zu verarzten gab. Der Guru war hingegen sehr beeindruckt von diesem Fass. Niemals zuvor sei ein Fass vom Himmel gefallen, niemals zuvor habe der Schläfer eine solche Wohltat aus dem Äther geworfen und erst recht sei niemals zuvor ein Diener des Schläfers auch noch mit dieser Gnadengabe in Kontakt gekommen. Der Mann mit Glatze ordnete an, dass das Fass herbeigebracht werde, damit man es im Tempel ausstelle. Es handele sich schließlich um ein heiliges Fass.
Wer andere Bewohner des Lagers auf das Fass ansprach, der konnte allerdings noch eine andere Version erfahren. Das Fass sei beim Holen von Wasser jemandem entglitten und so die Anhöhe hinabgerollt. Aber wenn man etwas als Zeichen göttlichen Willens erklären kann, so ist dies doch stets die bessere und wahrscheinlichere Variante.
O Tite tute Tati tibi tanta tyranne tulisti.

3

Montag, 25. Juni 2018, 22:51

Wurstbrunnen
In einem stillen Geplätscher ergoss sich das trübe Sumpfwasser in die Kultwanne. Der Guru war mit einem Novizen zu ihr hingetreten um zu orakeln. Die Zukunft jenes Novizen sollte bestimmt werden. Nachdem vorangegangene Orakel ein schlechtes Votum abgegeben hatten, sollte der göttliche Wille noch ein weiteres Mal ausgelotet werden. Unter Anspannung blickt der Novize in die trübe Wanne, nicht wissend, was hier vor sich gehe und was mit ihm geschehe. Der Mann mit Glatze starrte ebenso in das Wasser, doch konnte niemand sicher sagen, ob in ihm auch Anspannung war. Letztlich war es auch egal.
Wie so der eine auf sein Los wartete und der andere ein göttliches Instrument zu werden, da wurden beide jäh unterbrochen. Zwei Suchende. Sie näherten sich. Sie kamen näher. Sie hatten die Wanne erreicht. Einer von ihnen goss seine Stimme aus. Der Guru erschrak. Der Novize auch. Sie blickten auf das Häufchen Elend, das es gewagt hatte, sie zu unterbrechen. Gerade wollte der Guru seine Stimme erheben und jenen Wicht ermahnen, doch siehe da! Was sagte er? Eine grandiose Idee? Eine Idee, die alle Sorgen und Probleme des Sumpfes auf immer beseitigen würde? Konnte das sein? War das umsetzbar? Ja, was war denn überhaupt die Idee?
Der Zorn des Alten wandelte sich rasch in Neugier um. Der Suchende erzählte von seinem Plan. Er wolle einen Würstchenbaum pflanzen, denn dieser würde dann auf ewig das Lager mit Würstchen versorgen. Allerdings brauche er magische Unterstützung, denn bisher war dies noch niemandem gelungen.
Der Guru war begeistert von der Idee. Er ernannte ihn zum Würstchenbaumbeauftragten, schickte ihn dann aber wieder weg. Schließlich war man gerade dabei den göttlichen Willen zu erkunden. So widmeten sich der Lehrer und sein Schüler wieder dem Orakel. Sie starrten auf das Wasser.
Platsch!
Was war das? Der Guru schaute. Der Novize schaute. Sie schmälerten die Augen. Konnte das wirklich das sein, was es war? Hatte jemals so etwas gewagt? Einen derartigen Kultfrevel hatte der Guru noch nie erlebt. Direkt vor seinen eigenen Augen. Sakrileg!
Eine Wurst im Kultbecken!
Zornentbrannt wandte sich der Guru dem Täter zu. Er sah ihn und erkannte in ihn den Würstchenbaumbeauftragten. Dann ließ er ihn einschlafen. Eine verdiente Strafe. Seinen Komplizen ließ der Mann mit Glatze ebenso einschlafen, nur schien er nicht zu bemerken, dass er irrte. Nicht der Komplize des Würstchenbaumbeauftragten lag nun ohnmächtig auf dem Tempelplatz, sondern sein eigener Schüler. Warum dieser ihn in den nächsten Wochen mied, war ihm nicht klar. Aber dafür hätte ihm das überhaupt auffallen müssen.
O Tite tute Tati tibi tanta tyranne tulisti.

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Montag, 6. August 2018, 09:30

Drehwurm
Es war ein stiller Tag im Sumpf. Alles ging seinen gewohnten Gang. Doch dann wurde die Ruhe durchbrochen: „Der Schläfer erwache! Der Schläfer erwache!“ Nun, vielleicht hatte jemand gebetet, oder es waren nur Grußworte zu hören. Aber erneut schallte es: „Der Schläfer erwache! Der Schläfer erwache!“ Und wieder: „Der Schläfer erwache! Der Schläfer erwache!“
Wer nun nicht blind war, der konnte nun Guru sehen, wie er diese Worte sprach. Doch er sprach nicht nur. Er drehte. Er drehte sich unbeirrt im Kreis. Er drehte und drehte, geriet ins Schwanken, schwankte, stolperte, fing sich wieder und drehte. Und er sprach: „Der Schläfer erwache! Der Schläfer erwache!“
Niemand hatte genau mitbekommen, wo genau er hergekommen war. Aber er war nun da und tat, was er tat. Er drehte. Er drehte und drehte und dreht. Doch siehe da! Platsch! Da hatte es sich ausgedreht. Der Glatzköpfige war hingefallen und lag nun im Sumpf. Das stellte aber kein Hindernis da. Weiter rufen konnte er ja: „Der Schläfer erwache! Der Schläfer erwache!“
Irgendwann hatte er sich erhoben und irgendwie hatte er es auch geschafft sich drehend bis zu dem Tempelplatz zu bewegen. Dadurch hatten nun einige Anhänger das sonderbare Treiben bemerkt und folgten in einigem Abstand. Der Guru aber lief zu Hochform auf, indem er sich immer schneller nun drehte und immer lauter rief: „Der Schläfer erwache! Der Schläfer erwache!“
Dies ging nun einige Minuten so, während die Anhänger kopfschüttelnd daneben standen und schauten. Plötzlich verstummte er. Der Mann fiel hin und sagte nichts mehr. Er blieb auf dem harten, steinernen Boden des Tempelplatzes liegen. Einfach liegen.
Panik erfüllte zumindest manche der Anhänger. Ein heilkundiger Novize wurde herbeigeschafft.
Was dem Guru fehlte, das fehlte ihm aber schon bevor er stürzte. Er erwachte. Göttlicher Wille. Auftrag. Mission. Warane.
Der Kopf des Gurus zuckte auf. Erinnerungslücke. Fragend blickte er die Anwesenden an. Sie erklärten ihm was vorgefallen war. Er sprach nun von der runden Saat des Bösen. Besondere Warane. Besonderer Ort. Kopfzucken. Erinnerungslücke. Nachfragen. Offenbarung des Willen. Kopfzucken. Erinnerungslücke. Nachfragen. So zog sich das noch eine Weile.
Was auch immer genau da passiert war, am Ende war es niemandem klar. Die Novizen waren aber nun mit einem unglaublich wichtigem Auftrag betraut und eines musste feststehen: Ganz egal, wie er auch lautete, der Schläfer selbst hatte ihn gesandt.
O Tite tute Tati tibi tanta tyranne tulisti.

Mister Wade

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Beiträge: 43

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5

Samstag, 8. September 2018, 20:50

Sehr schön geschrieben.

DerDraven

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6

Mittwoch, 5. Dezember 2018, 21:20

Schöne Geschichte...
bissl spät aber jo :D

Jex

Gardist

Beiträge: 25

Nickname: Jex

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7

Freitag, 21. Dezember 2018, 14:50

Sehr gut geschrieben.

Strumpfus

Registrierter Benutzer

Beiträge: 449

Nickname: Wandelndes Paar Augenringe, everyone’s favourite Fischkopp

Serverbeitritt: 29. November 2016

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8

Samstag, 12. Januar 2019, 23:49

Manche nennen Ihn auch Baal Milgram! :whistling:
Abonnieren Sie Käpt'n Strumpfus , denn er ist sehr gut!



Robálaithe iad féin is ní saighdiúir ná seictigh,is cuirfidh siad ruaig ar garda.

John

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Nickname: John

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9

Sonntag, 3. Februar 2019, 02:26

Gefällt mir gut.

Kill

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10

Mittwoch, 17. Juli 2019, 04:25

Gefällt mir gut.

Mir auch!

11

Sonntag, 28. Juli 2019, 11:35

Schöne kurze Geschichten, bin vollkommen auf meine Kosten gekommen.

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