16 Jahre nach Vareks Geburt
Es war ein warmer Nachmittag in Myrtana,
einzelneWolken schwebten langsam durch die von Bergen, Wäldern und Flüssen
geprägte
Landschaft, die Sonne lachte vom Himmel und ihr grelles Licht strahlte
auf die belebte Stadt Silden, in dem eine leichte Feuchtigkeit
herrschte. Der junge Varek, der nicht mals das Mannesalter erreicht
hatte,
trieb sich währenddessen im Marktplatz der Stadt rum. Sein Gesicht
wurde von einem leichten Schmunzeln geschmückt, als er seine besten
Freunde Jakob und Michael erblickte.“Na, ihr Pappnasen? Was treibt ihr?”
“Hey, Varek!” sprach Jakob mit einem Grinsen im Gesicht, “Du kommst
genau richtig.” entgegnete ihm Michael. “Tu ich das nicht immer?” fragte
Varek mit angehobenen Augenbrauen, “Was habt ihr denn vor? Eigentlich
müsst' ich was für meinen Vater besorgen, er hat mich nicht umsonst
geschickt... Ihr wisst schon, Jägerlehre voranbringenund so.” “Ach!”
winkte Jakob ab, “Du willst deine Freunde doch nicht imStich lassen,
oder? Das kannst du auch später erledigen.” Michael
nickte
bestätigend: “So sieht's aus. Komm einfach mit, heute haben wir großes
vor.” Vareks Freunde setzten sich in Bewegung, er folgte den beiden mit
einem “Na, von mir aus. Dann bin ich mal gespannnt, wen's
heute erwischt.” Darauf lachte Jakob leise: “Haste' auch 'nen guten Grund für. Ich sag'
nur, der fette Alexander.” So machten sich die drei auf den Weg zum Haus der genannten Person, ein größereres,
weißes
und aus Stein gebautes Gebäude, dessen Eingang von einer massiven,
verschlossenen Holztür versperrt wurde. Als sich die Gruppe diesem
näherte, sprach Michael: “Da ist es”, begleitet von Vareks
Nicken
und Jakobs frechen Grinsen. Letzterer holte dann eine große Glasflasche
mit rotem Inhalt aus seiner Tasche hervor: “Schweineblut, vermischt mit
Fett. Ich erweise dir die Ehre, Varek.” Er nahm die Flasche mit einem
“Na, endlich” entgegen und entkorkte sie mit einem knappen Grinsen. “In
letzter Zeit habt ihr's immer selbst gemacht. Zweifelt ihr etwa an
meiner künstlerischen Begabung?” fragte er in
scherzhaftem Ton,als er sich die Flüssigkeit auf die Hand schüttete.
“Ach
was”, antwortete Jakob: “Sonst wärst du auch heute nicht an der Reihe,
he!” Währenddessen warf Michael mehrere prüfende Blicke um sich: “Lass
dir nicht zu viel Zeit, Varek.” Dieser schien plötzlich wie
gebannt von einem feingekleideten Mädel, welches die andere Straße entlang spazierte.
"Varek!" sprach ihn Michael nochmals an: "Seit wann hast du 'ne Schwäche für Adelige Weiber?" "Hab' ich gar nicht! Ich
hab' doch nur geschaut..." antwortete er murmelnd und warf ihr dabei
noch
einen kurzen Blick zu. "Will ich auchhoffen. Lass die Schnößel-Olle
sein, haben was zu erledigen." fügte Jakob mit einem leichten Grinsen
hinzu. “Jaja, ich mach' doch schon”, nickte er kurz. Daraufhin
beschmutze er das Weiße mit einem dreckigen Rot, welches den schlampigen
und großen Schriftzug “FETTER HOFNARREN ARS” bildete. Bevor Varek das
letzte Wort abschließen konnte, ertönte ein von hinten stammender Ruf:
“Hey, ihr dreckigen Bengel!” Schleunigst blickten diese erschrockennach
hinten, sogar Jakobs dauerhaftes Grinsen verging. “Scheiße!
Stadtwache!”, stellte Michael fest. Varek ließ die fast leere Flasche
aus seinen dreckigen Händen fallen und ergriff die Flucht. “Weg hier,
wir machen uns aus dem Staub!” Jakob rannte dann ebenfalls los undließ
ein knappes “Aufteilen!” raus. Dies taten die Burschen auch, sie
rannten
in verschiedene Richtungen. Während Jakob und Michael in zwei Gassen
verschwanden, war Varek immer noch damit beschäftigt die Stadtwache
abzuhängen. “Weg da, weg da!” forderte er eine Gruppe an Bürgen nach
einer Weile auf, bevor er sich rennend an diesen vorbeidrang. Diese sprachen dem flüchtendem Varek “Was eine
Frechheit!”,“Pass doch auf, du Drecksbursche!” und weiteres nach. Er rannte so schnell er konnte
durch
die Stadt, die wütende Wache blieb aber dicht hinter ihm. Plötzlich kam
eine zweite Wache zum Vorschein, welche ihm das Beinchen stellte und
somit stolpern ließ. Mit aufgeschürften Armen und immer nochmit
Blut-Fett beschmutzen Händen lag er nun am Boden und murmelte ein leises
“Scheiße” vor sich hin. Die Wache sah zu ihm runter und sprach mit
gerunzelter Stirn: “Sieh mal einer an... Wenn das nicht der Bengel des
Alten Jägers ist.” Die Wache packte Varek an den Kieferund zog ihn hoch:
“Ist nicht das erste Mal, was? Wird deinem Vater gar nicht gefallen,
Bursche.” “Komm schon...” seufzte er. “Lass mich gehen. Ich geb' dir
auch Gold! Ich hab' dem versprochen, dass ich den Mist lass'..
Mein
Vater wird mich doch umbringen!” Die Stadtwache ließ nicht locker und
zog Varek brummend mit sich: “Nichts da, du kommst mit."
Die zweite Wache wandte sich dann kopfschüttelnd ab: “Boah, immer wieder die selbe Leier...”
Drei Jahre später
Nach längerer Zeit kriecht Varek aus seiner Hütte, um Michael aufzusuchen
und ihn um finanzielle Unterstützung zu bitten. Das Gespräch zwischen
den beiden ist bereits in vollem Gange.
“Ich sag' dir doch, es handelt sich dabei nur um ein paar hunderte Goldmünzen. Werd' ich dir
auch zurückzahlen können. Wo ist jetzt das scheiß Problem?”, fragte der gereizte Varek.
Michael zog den Harken seiner Angel hoch und schlug
den gefangenen Fisch am Steg tot, ehe er diesen samt Angel abstellte. Er
wandt sich Varek mit einem lauten Seufzen zu: “Das scheiß Problem ist,
dass ich nicht so viel Gold besitze. Wie oft soll ich's dir noch sagen,
Varek?” “Du besitzt nicht so viel Gold?” erwiderte er stirnrunzelnd.
“Was ist mit den ganzen Ersparnissen von deinen Alten, hm? Du willst
mich doch verarschen, von wegen kein Gold.” Varek macht eine abwinkende
Handbewegung, woraufhin ihm Michael wieder in seiner ruhigen Art
anwortete: “Ich will dich nicht verarschen, verdammt nochmal. Das Gold
gehört nicht mal mir, zudem wird es nicht umsonst 'Ersparnisse' genannt.
An der Sache ist wohl was dran, oder?” “Ein Scheiß ist an der Sache
dran!” erhebte Varek seine Stimme. “Ich bin pleite, ich bin am Arsch!
Verstehst du das etwa nicht? Du willst deinen besten Freund in einer
schwierigen Phase also nicht unterstützen, hm? Du...” Sein Freund
unterbrach ihn mit einem “Moment!”, “Was verlangst du eigentlich von
mir? Weil du in der Scheiße steckst, soll ich dich mit Ersparnissen, die
nicht mal mir gehören aus dieser rausholen? Sicher, ich geh' dann mal
meine Eltern bestehlen, damit sie selbst pleite werden.” Der Broke-Boy
fährt dann fort: “..solltest genaudas tun! Beste Freunde helfen
einander immer aus der Scheiße, wie wir's bisher auch immer gemacht
haben. Aber seit dem Verschwinden von Jakob denkst du nur noch an dich
selbst, nicht wahr? Weiß nicht, ob du mir richtig zugehört hast, aber sie
drohen mir mit dem Rauswurf aus der eigenen Hütte, wenn ich die Steuern
für noch 'n Monat ausfallen lass'! Du willst also, dass dein bester
Freund wie'n Penner auf der Straße lebt? Ich muss jetzt bereits um Gold
betteln und gar stehlen, damit ich mich über Wasser halten kann! Dir
geht's auch nur um dich selbst, hm?” Michael schüttelte seinen Kopf und
wurde dann auch lauter: “DU denkst nur an dich, Varek! Hör dich doch
selbst an! Willst mich und meine Eltern ausbeuten, damit DU nicht auf
der Straße landest? Was würde dann mit mir passieren? Ich bin auch
nur'n einfacher Fischer, dem selbst kaum was übrig bleibt und es sich...”
Varek fiel ihm ins Wort: “Nein! Ich werd's dochabbezahlen,
sag' ich! Geht nur darum, dass ich die nächsten Steuern zahlen kann...”
Der Fischer ergriff daraufhin wieder das Wort: “Du wirst das ganze Gold
nicht zurückzahlen! Nachdem du unser Gold versäufst, wie du's mit
deinem übrigen getan hast, wird's genau so weitergehen und wir beide auf
der Straße landen. Seitdem dein Vater gestorben ist, hast du seinen
Laden zum Scheitern verdonnert! Ich kann nichts dafür, dass du zu
unfähig bist, um etwas Jagdgut ranzuschaffen und zu verkaufen!”
Varek knirschte mit den Zähnen und ballte seine rechten Hand zur Faust, diese
donnerte er Michael ins Gesicht: “Es liegt nicht an mir, du Bastard!”
Michael bekam den Schlag ab, spuckte Blut zur Seite und hielt sich die
Wange: “Varek...
Du hast dich verändert! Du bist hier das
selbstsüchtige Schwein von uns beiden! Und deine beschissenen Umstände
sind mir egal. Sie sind kein Grund um sich so aufzuführen.” Varek ließ
den Nacken kreisen und wandte sich ab: “Du warst schon immer ein
Bastard, Michael. Ich hätt's gleich erkennen sollen. Ich geh' zu Isabel,
sie wird im Vergleich zu dir Verständnis für meine Probleme haben.”
“Isabel... Sie ist nicht mehr hier.” antwortete Michael.
Er blieb stehen und fragte: “Wie sie ist nicht hier?” Darauf erwiderte Michael: “Sie hat sich vor
kurzem verpisst. Geldern. Sie wollte es dir schon längst sagen, ihre Familie
hat sie nach Geldern gebracht, wo sie vermutlich irgendeinen anderen
Schnößel heiraten muss. Sogar ich wusste, dass sie sich verziehen wird.
Doch du warst tagelang damit beschäftigt um deinen Vater - oder sollte
ich Ziehvater sagen? - zu trauern und hast dich nicht blicken lassen.
Ich hab' dir seit Anfang an gesagt, du hast den verdammten Hofnarren
nicht zu vertrauen. Selbst Schuld...
Penner.”
Varek setzte seinen Weg fort: “Halt die Schnauze!” brüllte er dann bloß nach hinten und verschwand aus Michas Sichtfeld.
Wenige Monate später - Sein Leben in Vengard
Varek
fiel aufgrund der vielen Verluste und seiner schlechten Lebensumstände
in tiefe Depressionen. Daraus resultierte ein schlecht gelaunter,
gefühlskalter und frustrierter Mann, der seine übrigen Sachen gepackt
hat und der nächsten Karawane nach Vengard gefolgt ist. In der
Hauptstadt versuchte er einen Neuanfang, wobei seine Vergangenheit nie
in Vergessenheit geriet.
In Vengard konnte sich Varek für eine lange
Zeit durch die Arbeit als Tagelöhner und das gelegentliche Stehlen
einige Goldmünzen zusammenkratzen, mit denen er sich in der Stadt knapp
über Wasser hielt. Das Jagen hat er seit der Ankunft in dieser komplett
aufgegeben. Es war in seinen Augen zwecklos, da es ihm kaum etwas ein-
und nur Gefahren mit sich brachte. Die Waren des erfolglosen Jägers,
welcher seine Ausbildung nach dem Tod seiners
Ziehvaters nicht mals
abgeschlossen hatte, konnten einfach nicht mit denen anderer mithalten.
Jedoch wollte er mehr haben und das Stehlen wurde nicht nur zu einer
gelegentlichen Tätigkeit, sondern schon fast zu einem Beruf. Er ließ
sich die Drecksarbeit als Tagelöhner nicht mehr gefallen, weshalb er
diese auch aufgab. Er konzentrierte sich lediglich aufs Stehlen, was
sich anfangs als sehr schwierig herausgestellt hat. Dadurch, dass er den
Taschendiebstahl viel öfters
wagte, stieg auch die
Wahrscheinlichkeit erwischt zu werden an. Wer hätte es gedacht? Er wurde
nach kurzer Zeit erwischt. Zu seinem Glück von einem einfachen Bürger,
dem er trotz der Wachen entfliehen konnte. Beim zweiten Mal ging es für
ihn eine Woche lang in den Knast, dabei waren es doch nur ein paar
Goldmünzen. Er ließ es dennoch nicht sein, schließlich hatte er keine
andere Wahl. Seinem Ruf hat es in der Stadt deutlich geschadet. Doch
hatte er eines Tages das Glück in Kontakt mit einem Hehler zu kommen,
dieser wurde seit dem Knastaufenthalt auf Varek aufmerksam.
Ein gut mit Gold gefüllter Beutel für jeden Auftrag, eine bestimmte Anzahl an Münzen für gestohlene
Wertgegenstände,
jeder ist für sein eigenes Handeln verantwortlich und Verrat wird mit dem Tod bestraft. Ein gutes Angebot.
Eines, das Varek nicht ablehnen konnte. Er stellte ihn somit auf die
Probe: Eine goldene Halskette eines wohlhabenden Bürgers musste er ihm
bringen. Gesagt, getan. Inmitten einer Menschenmenge konnte er die Kette
des abgelenkten Mannes mit einem flinken Handgriff an sich reißen und
überreichte sie seinem Auftraggeber. Die Probe war bestanden. Ab dem
Zeitpunkt konnte er für
den Hehler arbeiten. Sein Name war Ernesto,
eine zwielichtige Gestalt, die sich jedoch mit dem Handwerk gut
auskannte und Varek einen Teil seines Wissens übermittelte. Er nannte
ein Haus in einer dunklen Ecke Vengards sein Heim, dieses diente ihm
auch als Quartier. Er leitete eine kleine, aber gut organisierte Gruppe.
Zum einen gab es zwei Informanten, die ihm das nötige Wissen
beschafften. Neben Varek gab es einen weiteren Dieb, sie waren für die
Durchführung
zuständig. Ernesto selbst war der Kopf der Bande, der
sich um den Verkauf des Diebesguts und die Planung der Diebstähle
gekümmert hat. Jede paar Woche trafen sie sich bei Nacht im Haus des
Hehlers, in dem die beiden Diebe jeweils einen Auftrag bekamen. In
dieser Zeit machte Varek mit allerlei Gesindel Bekanntschaft, welches
sich neben den ärmsten Bürgern der Stadt, in den dunklen Gassen Vengards
befand. Jedoch bekam er als Mitglied der Gruppe einen Schlafplatz und
nach jedem erfolgreichen Diebstahl genügend Gold zum anständigen Leben,
auch wenn nicht unter besten Umständen.
Gespräch mit Ernesto
Es herrschte ein Augenblick der
Dunkelheit. Als eine Kerze angezündet wurde, erhellte das Licht
einen kleinen Teil der Hütte. Varek saß auf einem kleinen Hocker,
auf der anderen Seite des Tisches war ein gut gekleideter Mann
zwielichtiger Ausstrahlung und mittleren Alters zu sehen, welcher es
sich bereits auf einem Holzstuhl gemütlich machte. Jener sprach in
leisem, aber deutlichen Ton:
“Hier wird man uns nicht hören.”,
worauf Varek nur ein schwaches Nicken andeutete.
“Du hast verdammt viel Glück. Das
weißt du?” - “Ich weiß.”
“Hätte man die Hälfte meiner Jungs
nicht erwischt, würde ich nicht verzweifelt nach weiteren Dieben
suchen und wäre nie auf dich gestoßen. Das weißt du?” - “Ich
weiß.”
“Die restlichen meiner Leute haben
viel mehr Erfahrung. Wären die Umstände nicht beschissen, hätte
ich mich nicht mit Burschen wie dich abgegeben. Das weißt du?” -
“Ich weiß.”
Der Mann rieb sich die Hände, während
er ein langgezogenes “Guuuut” sprach. Varek blickte ihn mit einem
ausdruckslosem Blick an und sprach nach einem Augenblick: “Da wir
das nun geklärt haben. Wie sieht's mit dem Lohn aus?” Ein Grinsen
machte sich auf des Mannes Gesicht breit, wobei ein Goldzahn zum
Vorschein kam. Das Grinsen schwand schnell, er blickte dann plötzlich
mit ernster Miene zu Varek: “Der Lohn. Wir sind noch lange nicht
fertig, Kleiner. Denkst du etwa, du bist nach einem kurzem
Wortaustausch im Vorbeigehen und einem noch kürzeren Gespräch hier
drinnen schon dabei? Das irrst du dich gewaltig.” Varek verdrehte
die Augen und gab ein knappes “Mhm” von sich, ehe er ihn
fortfahren ließ. “Bevor du die Ehre hast, Teil meiner Gruppe zu
werden, musst du eine Prüfung und die Einweihung hinter dich
bringen.” Varek legte die Stirn in Falten: “Was für 'ne
Einweih...” Er wurde von einem etwas lauteren “Schweig! Ich bin
noch am Reden!” unterbrochen. Der Auftraggeber fuhr nach Vareks
leisem Seufzen fort: “Außerdem haben wir ein festes Regelwerk, was
zu befolgen ist. Nicht nur die paar Sachen, von denen ich dir davor
erzählt habe: 1. Jeder ist für seine eigenen Taten verantwortlich.
Baust du da draußen Scheiße oder versagst du bei einem Diebstahl,
ist es nicht mein Problem. 2. Der Verrat wird mit dem Tod bestraft.
Meine Ohren und Augen sind überall. Versuch erst gar nicht, mich bei
der Stadtwache zu melden. 3. Bist du uns einmal beigetreten, kommst
du nicht mehr raus. Jedenfalls nicht in einem gutem Zustand.
4. Die Ware wird pünkltich nach jedem
Auftrag abgegeben und nicht behalten. Ich brauche dir nicht zu sagen,
welche die Konsequenz wäre. 5. Es wird kein Diebstahl unter den
Mitgliedern geduldet. Mit den anderen wirst du noch Bekanntschaft
machen. 6. Keine Freundschaften außerhalb der Gruppe. Es besteht ein
zu großes Risiko, dass du wichtige Informationen verplapperst. Und
du brauchst keine Freunde, wenn du uns hast. Und schlepp mir bloß
keine Huren an, die bleiben im Bordell, verstanden?” Ohne auf eine
Antwort zu warten, sprach er weiter:” Und 7. Es ist verboten, sich
bei der Einweihung zu wehren oder sie abzulehnen. Eine Narbe auf
deinem Gesicht wird schon kein Weltuntergang sein, 'Schönling'. Sind
wir uns da einig?” Er lehnte sich etwas nach vorne und blickte
Varek mit einem eindringlichen Blick in die Augen. “Sind wir.”
sprach Varek knapp. “Eine viel bessere Wahl hab' ich sowieso nicht,
hm?” Sein Gegenüber lehnte sich dann wieder auf seinem Sitz
zurück: “In der Tat. Es sei denn, du willst wieder deinem
miserablen Leben als Möchtegern-Straßendieb nachgehen. Außerdem
weißt du bereits zu viel. Weshalb ich dir auch raten würde, die
Probe zu bestehen.” Varek holte kurz Luft und sprach dann: “Ich
seh' schon, du lässt mir besonders virl Wahl. Worum geht's denn bei
deiner Probe?” Der Gruppenboss nahm eine alte Münze hervor, welche
er in die Luft schnippste und anschließend wieder auf seiner
Handfläche landen ließ. “Es ist ganz einfach. Bring mir eine
Goldkette, und ich rede von einer echten. Wie du das anstellst, musst
du selbst wissen.” Varek nickte knapp und antwortete ihm: “Werd'
ich schon hinbekommen.”
“Ich will's doch hoffen. Für dich.
Sobald du die Kette hast, treffen wir uns am selben Ort. Ich hoffe,
das Gesindel in dieser Gegend macht dir nichts aus. Du kannst nun
gehen. Enntäusch mich nicht.” - “Das Gesindel kann mir
scheißegal sein.” Varek drückte sich auf und war bereits dabei,
sich abzuwenden. “Ach, und noch was...” wirfte der Mann ein
“Ernesto. Das ist mein wahrer Name.” Varek nickte einmal und
erwiderte “Gut. Ich werd's sicher nicht vergessen”, ehe er die
Hütte verließ und in die Dunkle Gasse stapfte. Ernesto sah ihm nach
und sprach zu sich mit einem künstlichen Schmunzeln: “Du hast noch
viel zu lernen, Kleiner...”
Das Vergehen
Es ist bereits ein Jahr seit dem Beitritt in die Gruppe verstrichen. Ein
Jahr, in dem Varek an Erfahrung gewonnen und einige Erfahrungen
gesammelt hat, sowohl gute als auch schlechte.
Es war der Zeitpunkt gekommen, an dem Ernesto ihm eine neue Aufgabe anvertraute. Diesmal handelte es sich
nicht nur um einen einfachen Diebstahl, sondern um einen Überfall. Es wäre
Vareks erster Überfall gewesen. Das Opfer, ein wohlhabender Händler, der
aus geschäftlichen Gründen die Stadt am Tag zuvor verließ und am darauf
folgenden Morgen zurückkommen sollte. Sein Ziel war es, so viel wie
möglich zu erbeuten, mit Erfolg zu fliehen und das Zeug in ein Fass am
Rande der Stadt zu stecken, dieses wurde von seinem Auftraggeber an
besagter Stelle platziert.
Da es sich laut den Informanten um nur einen Mann handelte, war es einzig Vareks Auftrag.
Mit einem kleinen Messer, seinem alten Bogen und wenigen Pfeilen bewaffnet,
legte er sich vor der Stadt am Rand des Weges auf der Lauer. Die Kapuze
seines Umhangs verbarg dabei seine Identität.
Nach stundenlangem
Warten erblickte er einen gut gekleideten Mann, welcher einen kleinen
Karren mit von einem Tuch bedeckten Waren schob, in der Ferne. Ein
knappes Grinsen machte sich auf Vareks Lippen breit. Dieses verging ihm,
als er auch eine zweite Person neben dem Mann bemerkte. Es war ein
schwergerüsteter Mann, einer Stadtwache ähnlich.
Varek murmelte ein
leises und dann lauter werdendes “Verdammte Scheiße!”, woraufhin er sich
in einem Busch versteckte und die beiden im Auge behielt: "Was hat der
Bastard bloß bei dem zu suchen?" murmelte er leise, während
er den Soldaten mit bei Seite geschobenen Zweigen beobachtete. Als sie an ihm
vorbeigingen, machte er sich schussbereit. Er richtete die Pfeilspitze
auf den Kopf des bewaffneten Mannes. Mit zittriger Hand ließ er dann die
Sehne los, der Pfeil flog knapp an das Haupt des Soldaten vorbei. Varek
verschwand nach dem Schuss direkt in dem Busch. “Was zum...?” sprach der
Soldat verwirrt. Er zog seine Klinge und sah sich in der Umgebung um.
Der Händler erschrak aufgrund des Schusses und sah sich besorgt um “Tut
doch was! Hier
sind bestimmt Banditen auf der Lauer!”
Während sich der Händler panisch rennend dem Busch näherte, wandte der die
Gegend durchsuchende Begleiter Varek den Rücken für einen Augenblick zu.
Der Räuber kam langsam ins Schwitzen und atmete leise durch, ehe er
sein Messer zog. Daraufhin sprang er aus dem Gebüsch, rammte es dem
Händler ins Bein und entriss dem Opfer schleunigst einen Beutel vom
Gurt. Nach dem Schmerzensschrei des erwischten Mannes drehte sich die
Wache in Windeseile um. Varek ergriff, in der Hoffnung, dass sie sich um
den Verletzten kümmert, die Flucht. Jedoch rannte der Soldat mit
gezogenem Schwert direkt auf Varek zu: "Stehen bleiben!", rief er ihm
nach und streckte ihn kurzerhand mit seiner Klinge nieder. Schwer
verwundet und mit schmerzverzerrtem Gesicht lag Varek auf dem Boden,
sein Gesicht war nach dem Sturz wieder sichtbar. Kopfschüttelnd sah die
Wache zu Varek hinunter und sprach in verächtlichem Ton: “Abschaum
deiner Art hat nicht einmal den Tod verdient. Ich kenne da einen viel
besseren Ort für dich, du Penner!” Varek wurde mit dem Griff des
Schwertes ins Gesicht geschlagen und ihm wurde anschließend schwarz vor Augen.