Das Rascheln von Laub, das Knacken eines Astes im Unterholz. Normalerweise liebte sie diese Geräusche ja, doch nun? Nun war alles anders. Stimmen hinter hier, die schweren Schritte von Stiefeln kamen näher. Sie rannte. Rannte weiter. Das Herz schlug ihr wie das eines verwundeten Tiers als sie sich hinter einen Baum duckte um zu verschnaufen. Wie die Tiere, deren Fleisch sie gebraten hatte. Leise schnaufte sie aus und lugte hinter dem Baum hervor. Da waren sie! Ohne große Hemmungen ließ sie sich in das Unterholz sinken, die bereits zerschrammten, eingefallenen Wangen und dürren Arme trugen einige Dutzend weitere Kratzer davon. Totstellen? Verstecken. Stille.
Sie hielt den Atem an als die Männer an ihr vorbei tiefer in den Wald rannten, nah genug dass sie ihre Stiefel hätte berühren können. Sie ließ den Atem langsam wieder hinaus und kroch vorwärts durch das Gebüsch, die Augen geschlossen damit die Dornen nur ihre Haut trafen, der Kopf gesenkt um auch ja ihr Gesicht zu schonen. Das Blonde Haar war mittlerweile verfilzt, verdreckt mit Erde, Laub, Ästen, Dornen... man hätte sie fast für einen Druiden halten können wenn man nur die Kindergeschichten über jene kannte. Gute Geschichten, sogar. Sie hatte sie alle gelesen.
Eine Böschung. Sie verlor den Halt, fiel mit dem Gesicht voran hinab, zog die Arme hoch und rollte sich ab. Ein dumpfer Aufprall. Ein Keuchen. Ein starker Schmerz. Sie öffnete die Augen um die Lage zu überblicken und seufzte frustriert auf. Sie hatte sich überschlagen und war mit dem Knie auf einem Stein gelandet. Rasch tastete sie jenes ab und stellte zufrieden fest, dass es nur weh tat. Keine bleibenden Schäden.
Sie konnte lautes Geschrei hören, Schritte die näher kamen. Verdammt, sie hatten es gehört! Sie rappelte sich auf, rannte los und sprang an einen niedrigen Ast, zog sich daran hoch und war schon fast im Baum verschwunden als sie erstarrte. Jemand hatte ihren Fuß gepackt. Sie war zu langsam gewesen!
Das hämische Grinsen der Wache wurde nur noch breiter als er ihr entsetzen sah. Seine Rüstung war alt und abgetragen, aber gut in Schuss. Langsam kamen auch die beiden anderen näher. Jetzt oder nie. "Na, da haben wir doch unseren Dieb. Komm, wir- Au, Scheiße!"
Sie hatte ihm den Stiefel ins Gesicht gerammt, die Ferse genau auf die Braue gezielt. Und mit etwas Glück hatte sie tatsächlich eine Schramme hervorgerufen, tief genug... Sie hatte einst gelesen dass das Gesicht gut durchblutet ist und in einer der Sagen die sie gelesen hatte, hatte der Held genau das getan. Das Ergebnis kaufte ihr genug Zeit.
Sie ließ sich fallen und rannte weiter während der Mann sich das Gesicht hielt, die Platzwunde verdeckte eines seiner Augen mit Blut, machte es schwer sie zu sehen. Ein Glückstreffer, sicher, aber nun konnte er sie nur schlecht sehen. Und gerade als sie sich über diesen Sieg freute, schlug ein Bolzen neben ihr in einen Baum ein. "Stehen bleiben! Nächstes mal verfehle ich nicht!"
Wo zuvor die junge Dame clever und flink agiert hatte, erstarrte sie nun, hob langsam die Hände während sie mit angsterfüllten Augen auf den Bolzen starrte. "Nicht..." Es war nicht mal hörbar für die Wachen, ihre Stimme nur ein brüchiges Flüstern. Erschöpft, verängstigt und schwach vom Hunger.
Und nun hatten die Wachen sie gestellt. Wäre sie doch nur schneller gewesen.